Leichtathletik: Deutsche Junioren-Meisterschaften

Lässige Breitseiten

Vest, 27.07.2008, Sven Krause
 
 
Robin Schembera ist der beste 800 Meter Deutschlands und darf dennoch nicht nach Peking. In Recklinghausen holt er sich zuerst den Meistertitel und kritisiert dann die Nominierung.
 
Recklinghausen. Robin Schembera ist der Typ, den sich moderne Schwiegermütter als Schwiegersohn wünschen würden. Erfolgreich, gut aussehend, eloquent. Doch hinter der lässigen Fassade des faulen aber hochtalentierten Mittelstrecklers steckt ein intelligenter und erfolgsbessener junger Mann. Einer, der sich auch nicht scheut, den Deutschen Leichtathletikverband für seine Nominierungskriterien für Peking zu kritisieren.

Sportlich führt seit geraumer Zeit kein Weg über 800 Meter für einen deutschen Mittelstreckler mehr am 20-jährigen Hallenser vorbei. Erst vor zwei Wochen bei den Deutschen Meisterschaften in Nürnberg ließ er die Konkurrenz um Rene´ Herms und Nils Schumann hinter sich.

Ähnlich konsequent verfolgte er sein Vorhaben in Recklinghausen, den Titel eines Juniorenmeisters seiner umfangreichen Sammlung an Siegen und Meistertiteln hinzuzufügen. Zweimal versuchte sich die Konkurrenz der U 23-Athleten vergeblich daran, einen kleinen Riss ins Selbstvertrauen von Schembera zu nagen. Doch das ist wohl nur mit einem Dampfhammer oder der läuferischen Klasse der afrikanischen Mittelstreckler zu erschüttern. Bei der Junioren-DM war auch im Finale keiner da, der dem Athleten des TSV Bayer 04 Leverkusen die Laufkontrolle entziehen konnte. „Mir ging es nur um den Titel. Den wollte ich mit so wenig Kraftaufwand wie nötig holen. Gleichzeitig war die DM auch eine gute Generalprobe für das Bayer-Meeting diese Woche.” Dort will Schembera endlich das zeitlich Nachweisen, was er seinem Selbstverständnis nach trotz nicht erfüllter Olympia-Norm verdient hätte – das Ticket für Peking.

Bei 1:45,66 Minuten steht seine Saisonbestzeit. Ganze 16 Hundertstel schneller hätte er nach den Nominierungskriterien des DLV laufen müssen, um offiziell seinen Trip nach China antreten zu dürfen. „Doch da fängt die Problematik doch an. Wo hätten wir die Norm laufen sollen. Für die Internationalen Meetings sind wir Deutsche im Moment nicht schnell genug, da bekommen wir keinen Startplatz.”

Bleiben die German Meetings, eine Wettkampfserie des DLV. Davon gibt es 23. Doch nicht alle haben die 800 Meter im Programm. „Nur in Biberach, wo Rene´ Herms und ich knapp an der Norm vorbeigelaufen sind, wurde diese Zeit vom Sieger unterboten. Es fehlen uns die hochkarätigen Rennen, wo wir die Normen laufen können.”

Für U 23-Bundestrainer Dietmar Chounard ist die Kritik von Schembera überzogen und vor allem zu diesem Zeitpunkt nicht verständlich. „Jeder der Kaderathleten hat die Nominierungsnormen bekommen und sie unterschrieben. Daher verstehe ich die ganze Aufregung nicht.”

Aufregen will Schembera nicht. Dafür weiß er auch nur zu genau um seine Rolle als Hoffnungsträger im Laufbereich beim DLV. Doch genau wie auf der Bahn, wo er auch gegen gute Freunde im Kampf um den Sieg mal die Ellbogen ausfährt oder die Innenbahn zumacht, will er abseits dieser alle sich ihm bietenden Möglichkeiten ausschöpfen, um das Optimum für den Läufer Schembera herauszuholen.

„Dabei geht es mir nicht um eine Lex Schembera. Ich fände es nur gut für alle Mittel- und Langstreckler, wenn der DLV seine Nominierungsrichtlinien überdenken würde. Wir können halt nicht so viele Wettkämpfe machen wie die Werfer.” Daher sollten die wenigen, die für die Läufer möglich sind, besser besetzt sein. „Damit wir die gleichen Chancen haben.” Sagt Schembera und geht sich auslaufen. Locker und lässig, aber knallhart wenn es um seine Interessen und den Erfolg geht. Ein Laufprofi eben. Mit 20 Jahren.