Die Ansagerin
 

Leichtathletik: Deutsche Junioren-Meisterschaften

Die Ansagerin

Vest, 26.07.2008, Christoph van Bürk
Natürlich war es komisch, als sie zum ersten Mal die eigene Stimme durchs Stadionrund hallen hörte. Aber das liegt schon elf Jahre zurück. Bei den Titelkämpfen 2008 in Recklinghausen bringen Stadionsprecherin Jutta Preute kein Versprecher, kein stummes Mikro und keine Rückkopplung aus dem Konzept.
 
Recklinghausen. Als sich der Himmel verdunkelt, ist Jutta Preute froh. Sie ist wohl eine der wenigen Helfer, die sich über jedes Wölkchen am Himmel freuen. Wie viel Liter sie bislang getrunken hat, weiß sie nicht. Wie viele Kilometer sie hin- und hergelaufen ist, auch nicht. Nur, dass es viel Wasser und viele Kilometer waren. Bis die Regenschauer über Recklinghausen niedergehen, ist sie stundenlang unter der prallen Sonne und in drückender Hitze zwischen Hammerwurffeld, Tartanbahn und Weitsprunggrube gelaufen. Etwas Erleichterung bringen nur die nackten Füße auf dem Stadionrasen, die Dreivierteljeans, einige Flaschen Wasser und am späten Nachmittag der Regen. Das Sprechen ist noch nicht einmal das Anstrengendste; das ist, inmitten der Parallelität der Ereignisse den Überblick zu behalten. Während welche Läufer auch immer ihre Runde(n) drehen, hat Jutta Preute den Stabhochsprung der Juniorinnen im Blick. „Martina Schultze von der LG Filstal hat die 3,90 Meter übersprungen. In welchem Versuch, kann ich nicht sagen, aber sie hat die Höhe geschafft”, berichtet die 39-Jährige via Mikrofon den Zuschauern auf der Tribüne. Gleich danach bittet sie ein Helfer aus der Gefahrenzone der Speerwerfer zu gehen, die jetzt mit den ersten Probeversuchen beginnen.

Sie könne nicht überall gleichzeitig sein, sich schon gar nicht alles merken, erzählt sie, während sie den Namen zur Nummer der nächsten Stabhochspringerin in ihrer blauen Mappe sucht. Leichtathletik-Wettkämpfe hinter dem Mikro sind eine stressige Sache, aber dafür hat Jutta Preute das Privileg, ganz nah dran zu sein an allen Disziplinen. Ein Genuss für einen Leichtathletik-Fan wie sie. Zumal sich im Hause Preute ohnehin alles um den Sport dreht. Jutta Preute war Langstrecklerin, Ehemann Heiner ist Trainer beim TV Gladbeck und am Landesleistungsstützpunkt, Tochter Helena hat bereits ihre ersten Schritte auf Tartan gemacht und trainiert bei den D-Schülerinnen.

Beim Verein wurde Jutta Preute auch die Stimme für die Ränge: Bei einem Wettkampf in Gladbeck fehlte ein Helfer, spontan sagte sie zu, Namen, Weiten und Zeiten durchs Mirkofon zu sagen. „Klar war erst einmal komisch. Aber selbst Wolf-Dieter Poschmann verhaspelt sich mal”, findet sie.

Seitdem hat sie viel gelernt, überhaupt findet die Gladbeckerin das ganz wichtig: zu lernen, sich zu entwickeln. Sie hat einige Sprecherlehrgänge beim Verband besucht und gelernt, wie sich Begrüßung, Laufeinteilung oder Siegerehrung anhören sollten. Seitdem hört sie ganz anders hin, wenn sie ausnahmsweise mal bloß als Gast in einem Stadion ist – immer auf der Suche nach neuen Ideen und Sprüchen. Was man gerne machen darf: die Zuschauer zum Anfeuern motivieren, die Stimmung anfachen. Was man überhaupt nicht machen darf: „In den Start reinquatschen. Da werden die Sheriffs an der Pistole ziemlich knatschig”, erzählt Jutta Preute. Was man nicht machen sollte: das Mikrofon aus Versehen anlassen. Ist aber erst einmal passiert, und da kam eh' nur unverständliches Gebrabbel raus.

 

Eine Laufbahn
Jutta Preutes aktive Laufbahn liegt mittlerweile über 20 Jahre zurück.
Von 1980 bis 1986 war die heute 39-Jährige für den TV Gladbeck aktiv. Vornehmlich konnte sie sich für die langen Strecken wie 1500, 3000 oder 5000 Meter begeistern, auch Crossläufe gehörten zu den Lieblingsdisziplinen der Mutter dreier Töchter.