Leichtathletik - DM-Countdown: Noch 21 Tage

Bestens eingespieltes Team

Vest, 04.07.2008, Christoph van Bürk und Sven Krause

Hans G. Schulz vom FLVW lobt das Know How der Mannschaft um Günter Kefenbaum, mahnt aber auch, sich Nischen gegenüber den Leistungszentren Dortmund und Wattenscheid zu schaffen und die Infrastraktur im Stadion Hohenhorst zu verbessern.
 
Recklinghausen. Die Recklinghäuser Leichtathletik-Fans mussten lange auf einen hochkarätigen Wettkampf warten: Nach 18 Jahren findet mit den Deutschen Junioren-Meisterschaften unter Regie des Recklinghäuser LC wieder eine hochklassige Veranstaltung im Stadion Hohenhorst statt. Mit Hans G. Schulz, dem Vizepräsidenten des Fußball- und Leichtathletikverbandes Westfalen (FLVW), sprachen Sven Krause und Christoph van Bürk über die Konkurrenz zu Dortmund und Wattenscheid und die Recklinghäuser Potenziale.

Gestresst?

Schulz: Gar nicht. Wenn es meine erste große Veranstaltung wäre, dann ja. Aber ich habe schon viele als Kampfrichter und Funktionär erlebt. Ich bin nicht unbedingt relaxt. Es ist bei mir eher wie bei einem Schauspieler mit Lampenfieber. Doch das hält sich auch in Grenzen, weil ich einfach weiß, dass ich ein gutes Team hinter mir habe.

Die letzten großen Wettkämpfe hat Recklinghausen Anfang der 1990er Jahre erlebt. Warum hat das so lange gedauert?

Schulz: Das hat verschiedene Gründe. Ich denke einfach, dass es hier beim Recklinghäuser LC nach den Mannschaftsmeisterschaften einen kleinen Bruch gegeben hat und man sich lange Zeit auch nicht mehr an solche großen Titelkämpfe herangetraut hat. Dabei gibt es hier um Günter Kefenbaum ein bestens eingespieltes Organisationsteam.

Hat Recklinghausen gegenüber den Leistungszentren Dortmund und Wattenscheid den Anschluss verloren?

Schulz: Nein. Hier ist das Know How vorhanden - beim Kreis und beim RLC in Person von Günter Kefenbaum. Mit Ludger Zander ist hier noch einmal ein Ruck durchgegangen. Außerdem gibt es im Deutschen Leichtathletik Verband ein Rotationsprinzip. Meisterschaften werden nach Sektoren vergeben. Günter Kefenbaum hat dreimal versucht, die Junioren-DM nach Recklinghausen zu holen. Im vergangenen Jahr war er beinahe erfolgreich, dann aber hat sich Niedersachsen kurzfristig doch entschieden, sein Austragungsrecht wahrzunehmen. Da musste Kefenbaum noch einmal zum Bürgermeister, um sich die Unterstützung der Stadt für 2008 zu sichern.

Ist es für Recklinghausen zu schwer, aus dem Schatten der Hochburgen Dortmund und Wattenscheid herauszutreten?

Schulz: Das denke ich nicht. Recklinghausen ist vor allem nicht mit Wattenscheid vergleichbar. Das Lohrheidestadion ist prädestiniert für große Meisterschaften mit Zuschauerzahlen von 20 000 oder 25 000. Im Dortmunder Stadion Rote Erde hat man verschlafen, eine zweite Tribüne zu bauen, obwohl es möglich und erlaubt gewesen wäre. Da kann Recklinghausen einfach nicht mithalten. Man muss sich hier seine Nischen schaffen, wenn man auch nach der Juniorenmeisterschaft wieder eine DM ausrichten will.

Liegt es vielleicht auch am Stadion Hohenhorst, an dem der Zahn der Zeit schon gründlich genagt hat?

Schulz: Alle Athleten schwärmen von diesem Stadion, seinem Flair und Charme. Es reicht im Grunde aus, um eine Junioren-DM auszurichten. Aber hier wurde es auch versäumt, die Infrastruktur auszubauen. Wir brauchen dort nicht mehr Umkleiden, sondern mehr Funktionsräume: für das Wettkampfbüro, für die Kampfrichter, die Dopingkontrollen, für Besprechungen, für die Presse und für Videointerviews des DLV.

Was können die Zuschauer an sportlichen Höhepunkten erwarten?

Schulz: Einige. Dabei ist es mir wichtig, dass sich die Zuschauer von ihrer Gier auf Rekorde frei machen und die Leistungen im Stadion honorieren. Es wäre toll, wenn wir junge Athleten wie Raphael Holzdeppe, den gerade 5,80 Meter übersprungen hat und in diesem Jahr bislang der beste deutsche Stabhochspringer ist, die Sprinter um Julian Reuss oder Mittelstreckler Robin Schembera hier sehen würden. Sie alle sind potenzielle Olympiakandidaten.

Befürchten Sie im Olympiajahr einen Imageschaden durch Dopingfälle?

Schulz: Ich lege für niemanden meine Hand ins Feuer. Doch wir haben in der Leichtathletik seit Jahren sehr scharfe und strenge Kontrollen, die Wirkung gezeigt haben. Daher wird ja auch bei den Juniorenmeisterschaften kontrolliert. Viele Athleten, die hier starten, werden sogar während des Trainings kontrolliert.

Die Vereine fürchten, einige Westfalenmeisterschaften müssten ausfallen, weil dem FLVW das Geld fehlt.

Schulz: Das ist vom Tisch. Alle Meisterschaften - draußen und in der Halle - finden statt. Da sind wir gründlich zurückgerudert. Durch die umstrittene Gebührenerhöhung im vorigen Jahr haben wir finanziellen Spielraum bekommen. Allerdings wird bei jeder Meisterschaft mit spitzer Feder gerechnet.

Was erhoffen Sie sich von den Juniorenmeisterschaften?

Schulz: Spannende Wettbewerbe, gute Werbung und ein volles Stadion. Ich kann mir gut vorstellen, dass wir jeden Tag 1 500 Zuschauer auf der Tribüne haben.

Und vom Wetter?

Schulz: Zu heiß sollte es gerade für die Langstreckler nicht werden. 24 bis 28 Grad und ein schöner lauer Rückenwind -das wärs!

 

Hans G. Schulz
Leichtathletik
Hans G. Schulz ist Chef der Leichtathleten beim Fußball- und Leichtathletik Verband Westfalen (FLVW) und wurde 2004 mit dem Ehrenschild, einer der höchsten Auszeichnungen des Deutschen Leichtathletik Verbandes, ausgezeichnet.
Nach seiner aktiven Laufbahn beim SV Herten (Sprint und Hürden) war er seit 1967 Kampfrichter. Als Starter hatte er Einsätze bei 45 Deutschen Meisterschaften, 30 Länderkämpfen, zwei Europacups, beim Weltcup 1977 in Düsseldorf, zwei Europameisterschaften (1973 und 1986) und der Militär-WM 1987 in Warendorf. Die rote Starterjacke von Hans Schulz hängt im Deutschen Sport- und Olympiamuseum in Köln. Außerdem ist er Vorsitzender des Fördervereins „Freunde der Leichtathletik”, der das Niveau der Nachwuchsleichtathletik verbessern will.